Rechtsprechung verpflichtet öffentliche Auftraggeber zur Vergabe in Fachlosen

OLG Koblenz, Beschluss vom 04.04.2012 – 1 Verg 2/12

(Leitsätze Verfasser)

1. Bei Gebäudereinigungsleistungen muss eine Glasreinigung grundsätzlich gesondert als ein eigenständiges Fachlos vergeben werden. Selbst eine bereits in der Ausschreibung erfolgte Vergabe in Teillosen, beispielsweise als Gebietslosvergabe, macht eine mögliche Fachlosvergabe nicht entbehrlich.

2. Von einer gesonderten Vergabe darf nur ausnahmsweise abgesehen werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Zweckmäßigkeitserwägungen können ein Absehen von der Fachlosvergabe jedoch nicht rechtfertigen. Mögliche Nachteile, die mit einer Losvergabe verbunden sein können, muss der Auftraggeber dabei grundsätzlich hinnehmen.

In dem vorliegenden Fall hat die Vergabekammer die Ausschreibung aufgehoben. Die darauf erhobene Beschwerde des öffentlichen Auftraggebers hatte inhaltlich keinen Erfolg. Lediglich der Tenor der Entscheidung wurde abgeändert, da eine Aufhebung grundsätzlich zu unterbleiben hat und nur im Ausnahmefall in einer Entscheidung der Vergabekammer bestimmt werden kann ( vgl. BGH v. 26.09.2006 X ZB 14/06 – juris). Dem Auftraggeber  wurde aufgegeben, die Kosten-Nutzen-Analyse darzulegen.
Bei der betroffenen Ausschreibung handelte es sich um Grund-, Unterhalts- und Glasreinigungaufträge in Schulen und Verwaltungsgebäuden. Der Umfang der Leistungen betrug ca. 140.000 qm Unterhalts- und ca. 100.000 qm Grundreinigungsleistungen sowie ca. 40.000 qm Glasreinigungen. Der Wert der Glasreinigungsanteils machte hierbei ca. 7% des Gesamtvolumens aus.

Das OLG stellte in der Entscheidung fest, dass die Glasreinigung regelmäßig ein eigenständiges Fachlos sei (siehe auch OLG Düsseldorf v. 11.01.2012 – VII-Verg 52/11 – juris), so dass die hier in Rede stehenden Glasreinigungsarbeiten (2 x jährlich) gemäß § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB und § 2 Abs. 2 Satz 2 EG VOL/A grundsätzlich gesondert zu vergeben seien. Dies gelte auch dann, wenn der Auftraggeber – wie vorliegend – bereits eine Aufteilung in Gebietslose als Teillose vorgenommen hat.Von einer gesonderten Vergabe dürfe nur ausnahmsweise abgesehen werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Dies sei nur der Fall, wenn sachliche Gründe für eine Zusammenfassung überwiegen (so zutreffend OLG Düsseldorf a.a.O. juris Rn. 15). Pauschale Zweckmäßigkeitserwägungen (höherer Koordinierungs- und Kontrollaufwand, der Wegfall von Synergieeffekten, etc.) könne ein Absehen von der Fachlosvergabe grundsätzlich nicht rechtfertigen.

Stephan Kuletzki
Rechtsanwalt