Fahrradhelm und Verkehrsunfall – mindert das Nichttragen einen Schadensersatzanspruch?

Die Helmpflicht für Radfahrer wird immer wieder kontrovers diskutiert, erst jüngst beim Verkehrsgerichtstag 2012. Bislang besteht jedoch für Fahrradfahrer keine Verpflichtung einen Helm zu tragen. Aber begründet der Verzicht auf einen Helm ein Mitverschulden, wenn es zu einem Verkehrsunfall kommt?  Ein Blick in die aktuelle Rechtssprechung zum Verkehrsrecht.

Die Mehrheit der Fahrradfahrer verzichtet auf einen Helm. Andererseits dürfte es unstreitig sein, dass der Radfahrer durch das Tragen eines Helms das Risiko schwerer Verletzungen bei einem Verkehrsunfall senken kann. Unfallverursacher – und deren Haftpflichtversicherungen – argumentieren also immer wieder, dass im Nichtragen des Fahrradhelms ein erhebliches Mitverschulden zu sehen sei, welches die Ansprüche des Verletzen auf Schadensersatz und auf Schmerzengeld mindere. Diese pauschale Argumentation greift nicht in jedem Falle durch.

Zunächst einmal ist im Einzelfall zu prüfen, ob das Nichttragen eines Fahrradhelms überhaupt kausal für die beim Unfall erlittenen Verletzungen geworden ist. Bei schweren Kopfverletzungen, welche auch regelmäßig mit sehr hohen Schadensersatz – und Schmerzensgeldforderungen einhergehen, wird ein solcher Zusammenhang allerdings oft gegeben sein.
Ob in diesem Fall dann auch regelmäßig ein Mitverschulden des Radfahrers anzunehmen sei, wird unterschiedlich bewertet.

Das OLG Düsseldorf, Urt. vom 18.06.2007; 1 U 278/06, möchte nach der Art der Benutzung des Fahrrades differenzieren. Ein gewöhnlicher Freizeitradfahrer, der sein Rad zur normalen Fortbewegung im Verkehr benutzt, sei von einem sportlichen Rennradbenutzer, welcher regelmäßig mit höheren Geschwindigkeiten unterwegs ist, zu unterscheiden. Bei Letzterem sei das Verletzungsrisiko höher und – auch diese Argumentation ist bemerkenswert – in dieser Gruppe sei die Verbreitung und die Akzeptanz von Fahrradhelmen bereits größer.

Auch das OLG Saarbrücken, Urteil vom 9.10.2007; 4 U 80/07, ist der Ansicht, dass ein Mitverschulden des Radfahrers ohne Fahrradhelm erst dann anzunehmen ist, wenn er sich – sportlich motiviert – besonderen Risiken aussetzt oder wenn bereits nach seinen persönlichen Voraussetzungen ein erhöhtes Risiko gegeben ist. Letzteres wird vor allem bei Kindern der Fall  sein.

Die aktuellen Empfehlungen des Verkehrsgerichtstags 2012 gehen noch weiter. Es wird ein generelles Helmtragen empfohlen, auch wenn keine gesetzliche Helmpflicht besteht, was insbesondere für Kinder als Radfahrer gelten soll. Wenn schwere Verletzungen nachweislich auf das Fehlen des Fahrradhelms zurückzuführen seien, soll dies zur Minderung der Ersatzansprüche bei allen Radfahrer, unabhängig von der Fahrweise,  führen. Es bleibt abzuwarten, in welchem Maße diese Empfehlungen in der künftigen Rechtssprechung Widerhall finden werden.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Hinweis des OLG Düsseldorf auf die Üblichkeit des Fahrradhelms die Richtung für die Zukunft weisen dürfte. Je verbreiteter das Tragen eines Fahrradhelms in der Bevölkerung werden wird, desto eher wird das Nichttragen als Mitverschulden im Schadensfall angerechnet werden.

Steffen Breitsprecher

Rechtsanwalt