2009 – Neuregelung des Vergaberechts

Zum Februar 2009 hat der Gesetzgeber das Vergaberecht in entscheidenden Punkten geändert. Die Neuerungen haben erhebliche Auswirkungen die alltäglichen Ausschreibungsvorgänge. Als Bieter ist man zu einer noch weitergehenden Aufmerksamkeit gezwungen, um seine Rechte im Auschreibungsverfahren wirksam zu waren.

Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte:

I. Allgemeines

Der Mittelstandsschutz nun wird im neuen Vergaberecht nun zwingender ausgestaltet (§ 97 Abs. 3 GWB). Die mittelständischen Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nunmehr zwingend zu berücksichtigen, während dies bislang deren Berücksichtigung nur ein unverbindliches Gesetzesziel war. Leistungen sind grundsätzlich als Teillose oder Fachlose zu vergeben. Nur zwingende technische oder organisatorische Gründe befreien von der Verpflichtung zur losweisen Vergabe.

Die Gesetzestreue eines Bieters ergänzt die bisherigen Anforderungen an Bewerberunternehmen (Fachkunde, Leistungsfähig, Zuverlässigkeit, § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB). Der Gesetzgeber stellt klar, dass nur Unternehmen zugelassen werden sollen, die die deutschen Gesetze einhalten und insbesondere auch die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge umsetzen.

Auch werden neue, bislang „vergabefremde“, Aspekte in den Katalog der möglichen Bewertungskriterien aufgenommen. Dem öffentlichen Auftraggeber ist es jetzt möglich, auch allgemein gesellschaftspolitische Zwecke, wie etwa Umweltschutz oder die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen in die Verdingungsunterlagen und damit in die Bewertung der Angebote mit einzubeziehen.

II. Vergaberechtlicher Rechtsschutz

Um es gleich vorab zu sagen: Die Gesetzesänderung legt die Hürden für den vergaberechtlichen Rechtsschutz der Bieter im Verfahren höher. Zwar wird durch die Neuerungen in vielen Punkten eine größere Rechtssicherheit im Verfahren erzielt, jedoch wachsen auch die Anforderungen an die Aufmerksamkeit der Bieter im Vergabeverfahren erheblich.

Rügepflichten:

Bereits bisher war es so, dass dem Bieter im Grundsatz nur wegen derjenigen Vergaberechtsfehler des Auftraggebers Rechtsschutz gewährt wurde, die er bereits im Verfahren unverzüglich gerügt hatte. Die Praxis der Vergabekammern zeigte, dass diese Rügepflichten des Bieters nur allzu gern benutzt wurden, um, an sich berechtigte, Bieterbeschwerden abzuweisen, da eine umfassende Rüge nicht stattgefunden habe. Der Umfang dieser Rügepflichten wurde nunmehr weiter verschärft.

Schon nach der bisherigen Rechtslage gab es faktisch eine Pflicht des Bieters die Vergabebekanntmachung auf hieraus erkennbare Vergabefehler hin zu prüfen und diese bis spätestens bis zur Abgabe des Angebotes zu rügen. Der neue § 107 III GWB weitet diese Verpflichtung des Bieters auf sämtliche Vergabeunterlagen, die von Auftrageber geschickt werden, aus. Es empfiehlt sich also, bei erkannten Unregelmäßigkeiten oder auch bei Unklarheiten in den Verdingungsunterlagen rechtzeitig die juristische Beratung zu suchen, um Rechtsverluste zu vermeiden.

Eine weitere Neuerung verpflichtet den Bieter, innerhalb von 15 Tagen nach dem Eingang einer Mitteilung des Auftraggebers, dass dieser einer Rüge des Bieters nicht abhelfen werde, die Vergabekammer zur Entscheidung anzurufen. Anderenfalls ist der Bieter hinsichtlich dieses Vergabefehlers präkludiert.

Sogenannte de-facto-Vergaben

Die gar nicht so selten vorkommende Situation, dass ein öffentlicher Auftraggeber rechtswidrig ganz auf eine Ausschreibung verzichtet und den Auftrag freihändig vergibt, wurde nun vom Gesetzgeber klarer geregelt.

Bereits bisher galt im Grundsatz, dass solche Verträge nach § 13 Satz 6 VgV nichtig waren, da es – unter anderem –  an einer ordnungsgemäßen Information der anderen Auftragsinteressenten über die Vergabe mangelte. Die Praxis der Rechtsprechung tat sich jedoch oft schwer mit dieser Rechtsfolge der Nichtigkeit, wurde sie doch als zu großer Eingriff in die Privatautonomie der Vertragsparteien gesehen.

Die Neuregelung in den §§ 101a und 101b GWB, welche den § 13 VgV ersetzt, bestimmt nunmehr, dass die Nichtigkeitsfolge auch bei Vergaben ohne jegliche Ausschreibung eintritt, was bisher umstritten war. Hier wird die Position des Bieters gegenüber dem Auftraggeber gestärkt. Allerdings ist die Nichtigkeitsfolge nur im Wege eines Nachprüfungsverfahrens feststellbar.

Schließlich wurden die Fristen für die Benachrichtigung der bei der Vergabe nicht erfolgreichen Bieter verändert. Sie wurden jetzt auf 15 Tage ab der Absendung der schriftlichen Information, bei einer Benachrichtigung per Fax, auf zehn Tage festgelegt.

Kosten

Der Kostenrahmen für die Inanspruchnahme der Vergabekammer wurde ebenfalls angehoben. Dies bringt ebenso eine gewisse Erhöhung des Kostenrisikos den Nachprüfungsverfahrens mit sich, wie die Regelung, dass auch bei einer Antragsrücknahme die notwendigen Rechtsverfolgungskosten eines Verfahrensbeteiligten der Gegenseite zu tragen sind. Dies war bislang aufgrund einer Regelungslücke nicht notwendig, was die Stellung eines Nachprüfungsantrages unter Umständen erleichterte.

Zusammenfassung

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Fallstricke für den sich am Verfahren beteiligenden Bieter sich vermehren und die Handlungsspielräume der öffentlichen Auftraggeber erweitert wurden. Vor diesem Hintergrund wird sich die frühzeitige Beteiligung juristischen Sachverstandes auch bereits in der Ausschreibungsphase empfehlen, insbesondere wenn Unklarheiten oder benachteiligenden Regelungen bereits in den Ausschreibungsunterlagen erkennbar werden.